von Hans-Jürgen Hilbig

Alle sind traurig. Weil keiner da ist, der einem die Welt erklären will.

Das Radio, ich schalte das Radio an, auch sie, auch sie sagen nur, was jeder weiß, jeder weiß es ja, jeder weiß, es ist heiß, es ist sehr heiß und dann spielen sie die Pretenders und ich mag die Pretenders und deshalb bleib ich zuhause, bleibe in meinem Zimmer und denke an nichts, schaue nur, und höre, höre die Pretenders. Ich mag die Pretenders, ich mag sie sehr.

Ich mag aber auch Udo Lindenberg, ich mag Udo Lindenberg sehr. Ich bin mit ihm aufgewachsen und immer war irgendwie alles klar auf der Andrea Doria, immer hatte man das Gefühl, dass es hinter dem Horizont weitergeht und wenn die Mütter auch abends vor der Glotze sitzen, die jungen Mädchen und Jungs gingen doch lieber da hin, wo die Konzerte waren.

Kein Auge, das "bis ans Ende der Welt" trocken bleibt, die langen Kerls, die später noch mit ihren begabten Mädchen durch die Geräuschestadt Frankfurt laufen und die dieser komplett verrückt gewordenen Welt so etwas wie Liebe abgewinnen, das alles ist auch sein Verdienst.

Die kleinen Sätze sind es, die es ausmacht, das Leben ... Man muss sich die Augen verbinden, um die Worte zu verstehen, diese leisen, ruhelosen, ein Morgen, ein Tag, alles beginnt, fängt an ...

Die Pretenders sitzen noch immer im Radio. Sie wollen diesen Raum nicht mehr verlassen ... und ich? Ich gratuliere Herrn Lindenberg, sind es wirklich schon achtundfünfzig Jahre?

Kleine Wüsteneien betrachten Rudi Ratlos, der mit Bodo Ballermann einen Korn trinkt.

Alle rätseln, weil alles so schnell geht und er nicht müde werden will – warum auch? Und während er mit seinen beiden Fantasiekindern über den Strand geht, backt seine Liebste Haschischkuchen, aber sie tut dies nur, weil es manchmal schwer ist "nein" zu sagen.
 

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