von Hans-Jürgen Hilbig
Gestern stand ein Pinguin vor meiner Tür, in seinem Flossen eine Tragetasche.
Es missfällt mir sehr, dies aufzuschreiben, weil man am Ende über mich den Kopf
schütteln wird und nicht über diesen Pinguin, der im Ernst glaubte, das Leben
sei so simpel wie das Öffnen einer Parkuhr. Von weitem konnte man Metaphern
hören, aber sie sollten lieber dort bleiben, wo sie sind. Ich wollte nichts mit
ihnen zu tun haben.
Der Pinguin legte sich mächtig ins Zeug und sagte: "Haben Sie Erbarmen mit mir!
Ich werde abgeschoben. Ich hab seltsame Papiere, die erkennt die Polizei nur
Dienstags an und Sie sehen doch selbst, wie blau der Tag leuchtet, wie wir uns
ständig am Kopf kratzen und nicht wissen, wie alles weitergehen soll. Solche
Zustände kennt man doch Dienstags gar nicht. Dienstags sitzt man doch nur da,
denkt über die Sinnlosigkeit einer leeren Flasche Essig nach und schaut den
Metzgern zu, die heimlich hinter ihren Häusern Erdbeeren pflanzen.
Ich verkaufe Wäscheklammern, mein Herr, sorgsam ausgewählte Wäscheklammern.
Wäscheklammern, die auf ihren Namen hören, die praktisch auf Sie angewiesen
sind. Alle Tage enden ja immer mit einer Sehnsucht und wenn es die Sehnsucht
nach einem Katzenmaul ist, wie die französischen Mäuse manchmal sagen.
Französische Mäuse sind von allen Mäusen die eifrigsten. Es heißt, sie könnten
jedes Gedicht von E.T.A. Hoffmann auswendig, wenn der welche geschrieben hätte.
Ach, ich betrachte Sie nicht, ich schaue in Sie hinein. Helfen Sie einem in Not
geratenen Pinguin! Mein Leben ist kein Pfifferling mehr wert, werfen Sie mich in
den Abgrund, schauen sie mir in die Augen. Sie sehen, nur die Trauer einer
Schnabeltasse kann diesen Blick noch übertreffen. Helfen Sie! Man muss ja
heutzutage helfen, immer nur helfen. Nur wer hilft, dem ist noch zu helfen."
Endlich hörte er auf zu reden. Aber nur um die Tragetasche zu öffnen und mir
seine Wäscheklammern zu zeigen. Im Ernst, derart hässliche Wäscheklammern habe
ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen. "Sie sind geflochten, von unseren
Harnischen, die am Beckenrand sitzen und sich von jedem Umsturz simulieren
lassen."
Und wie beende ich diese Geschichte jetzt? Ganz einfach, ich erzähle etwas
anderes.
Die Europameisterschaft fängt an und Deutschland wird Europameister. Denn es
sollen nämlich auch die Schwachen gewinnen, finde ich.
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