von Hans-Jürgen Hilbig
Nun also meine erste Kolumne und gleich die erste wird brisant, weil politisch.
Man muss sich auf politische Sätze konzentrieren, man muss genau überlegen, was
man sagt. Über die Liebe zu sprechen ist einfach, nicht ganz einfach, aber einfach,
eigentlich schwer, eigentlich unmöglich, eigentlich ist es unmöglich, über die
Liebe zu sprechen und deshalb spreche ich auch nicht, sondern schreibe und ich
schreibe nicht über die Liebe, sondern ich möchte über die SPD schreiben.
Die SPD ist eine Partei, die sich für die Arbeiter einsetzt. Die SPD tritt für
den kleinen Menschen ein.
Späßle gemacht! Nun aber im Ernst, wo ist der Unterschied zwischen der SPD und
der CDU? Ganz einfach. Der SPD-Politiker sieht dich frierend an irgendeiner Ecke
stehen. Zuerst will er nicht hingucken, aber dann guckt er doch hin, nicht
deutlich, sein Hut ist ihm im Weg, er hat ihn ins Gesicht gestülpt, aber
immerhin, er nimmt dich wahr. "Da friert einer", denkt er noch. Der SPD
Politiker trägt eine Jacke überm Arm und eine dicke Jacke trägt er selber, er will
ja nicht frieren. Und dann kommt der Moment der Ballabgabe oder wie der
Sozialdemokrat sagt, "jetzt geht’s los!"
Der SPD Politiker überlegt sich nämlich fast, ob er vielleicht, aber dann doch
nicht. Denn er sagt sich, "es kann ja nicht angehen, dass ich diese Jacke dir
gebe, wo so viele andere auch frieren."
Der CDU Politiker würde den Frierenden übrigens sehen und sich über dessen
schmutzigen Schuhe lustig machen, vielleicht würde er auch eine Ordnungskraft
rufen, die diesen Frierenden entfernt, aber der wäre leider schon weg, denn das
hat der SPD Politiker schon veranlasst.
"Es kann doch nicht angehen", das ist ein Lieblingssatz des Rücktrittskanzlers,
er hebt dabei die Hände und die Zehen übrigens auch, nur sieht das keiner. Ich
finde diese Bewegungen irgendwie inspirierend, nur ihm habe ich all die Gedichte
zu verdanken, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe.
Im Ernst, ohne Gerhard Schröder gäbe es kein einziges Gedicht von mir.
Gut, das ist nicht wahr, es ist glatt weg gelogen, am Ende habe ich es nur
geschrieben, damit ich doch noch eine Jacke bekomme.
Am Ende möchte ich noch Samuel Beckett zitieren, der in "Der Ausgestoßene" schrieb:
"Wenn ich jetzt, da mir der berühmte Abstand zugute kommt, darüber nachdenke,
glaube ich, dass er an jenem Tage nur um seine Wohnung herumgefahren ist."
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