Juli 2001

Vorschläge:

 

Von Robert B.

Buch: "Zeno Cosini" von Italo Svevo

Begründung: 'Obwohl in finanzieller Hinsicht sorgenfrei, lebt Zeno Cosini inmitten seelischer Katastrophen: Seine Energie verschleißt er bei ständigen, aber erfolglosen Versuchen, sich das Rauchen abzugewöhnen. Die permanente Beschäftigung mit sich selbst drückt zudem auf die Stimmung. Als er sich schließlich in die schöne Ada verliebt, bekommt er stattdessen die "schielende" Schwester Augusta, mit der er dann gegen seinen Willen in harmonischer Ehe lebt. Um dieses unverhoffte Glück zu zerstören, beginnt er eine Affäre und bereichert sein ohnehin nicht unkompliziertes Innenleben um ein sorgsam gepflegtes schlechtes Gewissen. Helfen kann da nur die Psychoanalyse ...'
(Umschlagtext)

Zeno Cosini vom Südtiroler Italo Svevo gilt als eines der unbekannten Meisterwerke der europäischen Literatur. Es ist etwa 550 Seiten lang. Ich halte es für geeignet, weil es zugleich modern und doch ein Klassiker ist. Hohe Literatur und doch witzig. (Natürlich alles Mutmaßungen!)

Buch: "Tales of the City (Stadtgeschichten)" von Armistead Maupin

Begründung: Ein raffinierter Unterhaltungsroman über eine junge Sekretärin, die von Cleveland nach San Francisco flüchtet. Wurde mir von vielen Leuten wärmstens empfohlen.

 

Von Mirko Schneider

Buch: "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" von Rainer-Maria-Rilke

Begründung: Dieses Buch war Rilkes einziges längeres Prosa-Werk. Er schrieb zwar auch Kurzgeschichten, befasste sich aber hauptsächlich mit Gedichten. Seine Biographie, die ich gelesen habe, ist beeindruckend, besonders sein ständiges Verwurzeltsein in der Kindheit, die von Armut und einer - vornehm gesagt - eigenartigen Mutter geprägt war.

In diesem Werk geht es um einen jungen Dänen, einen Dichter aus bester Familie, der in Paris in Armut lebt und sich in Wahnvorstellungen flüchtet. Er erlebt die Stadt nur von ihren unmenschlichen Seiten und verliert sich allmählich in den Reflexionen bezüglich seines Künstlerdaseins, welcher jämmerlich ist und seiner eigenen Kindheit. Das Buch wurde 1910 geschrieben. Es interessiert mich schon deshalb, weil es in Paris von Rilke verfaßt wurde, der tatsächlich Zeit seines Lebens unter seiner Armut (er lebte praktisch nur aufgrund seiner Gönner) und einem Kindheitstrauma litt. Dies Buch soll eines der intensivsten und unmittelbarsten Bücher sein, die je geschrieben wurden, unheimlich beklemmend, gerade auch aufgrund der geschilderten Situation, die mit Rilkes Situation nahezu identisch war ...

Buch: "Die Blechtrommel" von Günter Grass 

Begründung: Wenigstens warum das Buch heißt wie es heißt, weiß wohl jeder. Der kleine Oskar Mazerath hat sich entschlossen, nicht erwachsen zu werden, da er gegen die Unmenschlichkeit der Erwachsenen protestieren will. Er schlägt daher ständig Krach auf seiner Blechtrommel und kann durch seine schrille Stimme Gläser oder gar Fensterglas zersingen. Mehr weiß ich - ich gestehe es ein - auch nicht bezüglich des Inhaltes. Das Buch wurde von Marcel-Reich-Ranicki zunächst verrissen, aber als die Kritikerwelt daraufhin über ihn und nicht über Grass herfiel korrigierte er sich. Angeblich das Buch, mit dem "Deutschland sich den Anschluß an die Weltliteratur erschrieben hat" (Spiegel) und daher meiner Meinung nach ein Muss - auch für den Club?

 

Von Ricarda Weimann

Buch: "Der Ekel" von Jean Paul Sartre

Begründung: Mein erster Vorschlag ist ein Buch von Jean Paul Sartre von dem ich in meinem Griechenland Urlaub vor 10 Jahren mit Begeisterung einige Bücher gelesen habe. Dieses Buch hab ich allerdings von Ihm noch nicht gelesen und zwar "Der Ekel".  Anregender Titel, nicht wahr?

Eine Rezension einer Leser/in aus Kaiserslautern:  Nicht leicht, aber gut!  Sartre ist einer der Mitbegründer (oder der Begründer selbst?) des Existenzialismus.  Wer wissen will, warum und was das ist, dem sei dieses Buch empfohlen (Der Ekel).  Die "Handlung" ist kurz zu beschreiben: dem Protagonisten wird die eigene Existenz bewußt, und je mehr das der Fall ist, umso mehr ekelt sie ihn an.  Der Text vertieft sich folgerichtig in die Fragen nach der Existenz, wodurch ist die eigene Existenz begründet, wie definiert sich der Mensch, und wie definieren sich die anderen.  Und dann zwangläufig: wie definieren wir uns gegenüber den anderen? Wer sich in dieses Thema vertiefen will findet hier Lesestoff der süchtig machen kann.  Sprachlich entsprechend schnörkellos, detailliert, tiefgehend. (Dies ist eine Uni-Studentenrezension von www.amazon.de)

Sartre ist für mich einfach ein genialer Autor von dem ich lange nichts mehr gelesen habe, der mich früher aber sehr gefesselt hat.

Buch: "Der Proceß" von Franz Kafka

Begründung: Als zweites Buch, das ich vorschlagen möchte, habe ich mir den Proceß von Franz Kafka ausgesucht.  Den mussten wir in der Schule lesen, was ich wie immer kaum bis gar nicht gemacht habe.  Ich kann mich aber erinnern, daß das Buch eine verwirrende und düstere Stimmung bei mir hinterlassen hat und es würde mich faszinieren dieses Buch in meinem momentanen Entwicklungsstand noch mal und diesmal gründlich und mit Interesse zu lesen.

Ich fand auch Kafka immer schon vom Stil ganz ansprechend.  Wenn ich mich richtig erinnere schreibt auch er einfach und schnörkellos und ist meiner Meinung nach einer, den man in seinem Leben mal gelesen haben muß.

 

Von Dirk Wienecke

Buch: "Harzreise" von Heinrich Heine

Begründung: Es handelt sich hierbei um ein Büchlein, möchte ich sagen. Also kein Lesestoff en masse, sondern eher etwas zum Genießen. Ich kann sonst nicht viel dazu sagen, außer: daß ich sowohl dem Autor und seinem Stil, als auch jenem Mittelgebirge zugetan bin. Rezensionen und Klappentexte sind mir nicht geläufig. Es ist jedenfalls immer ein Vergnügen durch die Augen eines romantischen Dichters, der zugleich ein
ungestümer Kritiker seiner Zeit gewesen ist, das deutsche Land und seine Bewohner zu betrachten. Der zynische Spott und die treffenden Karikaturen, die Heine hier entwirft und die letztlich dafür gesorgt haben, daß er zum Exil-Deutschen in Frankreich wurde, können helfen, heutige Propaganda-Allüren wie "Leitkultur" als schlichtweg lächerlich
zu entlarven. Und so wünscht man sich heute nicht nur bessere Dichter, sondern auch derbere Kritiker ... und bis dahin bleibt Heinrich Heine aktuell.

Buch: "Leben und Taten des scharfsinnigen Ritters Don Quijote de la Mancha" von Miguel de Cervantes Saavedra

Begründung: Eigentlich ist es Mirkos Essay zum "Pragmatischen Idealismus" der mich
inspiriert hat, dieses Buch vorzuschlagen. Aber, ich denke, der Titel spricht für sich, und, mir ist es sogar ein bißchen peinlich einzugestehen, daß ich diesen Klassiker, noch nicht gelesen habe: aber es ist die Wahrheit. Dieses Buch ist, meine ich, noch ein guter Grund gegen die 500 Seiten-Regel. In groben Umrissen wird der Inhalt des Buches jedem geläufig sein. Viel hervorhebenswerter ist aber die Tatsache, daß das Buch als Gleichnis für den Gegensatz von weltfremdem Idealismus und praktischer Vernunft angesehen werden kann. Diesem Gleichnis und seiner erzähltechnisch ausgefeilten Darstellung ist es zu verdanken, daß das Buch Jahrhunderte überdauert hat (es ist zwischen 1605 und 1615 geschrieben worden) ohne von seiner Relevanz für die Gegenwart einzubüßen, obwohl es im Groben und Ganzen, um einen abgehalfterten Ritter und seinen Knappen geht. Wenn es noch mehr Mitglieder unserer Gruppe gibt, die dieses Buch noch nicht kennen sollten (außer dem Namen nach) und sich nicht scheuen mit dem 500-Seiten-Limit zu brechen, dann wäre diese Erzählung ein guter Opener.

 

Abstimmungsergebnis:

   

Robert

Mirko

Ricarda

Dirk

Summe

1. Kafka

2

10

 

10

22

2. Cervantes*

10

3

3

 

16

3. Svevo*

 

1

10

4

15

4. Grass*

3

 

4

6

13

5. Heine

4

6

1

 

11

  Rilke

6

 

2

3

11

6. Maupin

 

2

6

2

10

7. Sartre

1

4

 

1

6

* Das entsprechende Buch des Autors darf in der nächsten Runde wieder vorgeschlagen werden.

 

Daraus folgt, daß sich O livro der Lektüre und Diskussion 

des Romans "Der Proceß" von Franz Kafka widmet.