Die Spuren der Nacht

Jetzt ist die Wohnung leer,
ein bisschen verwüstet auch,
die Nacht hat Spuren hinterlassen
und alle führen mich zu dir.

Das Frühstück steht noch herum,
zwei Apfelscheiben auf einer Untertasse,
vom Vorabend der Ahornsirup auch,
und das Glas, die süße Spätlese,
von der du heute Nacht getrunken hast,
ich nippe an dem letzten Rest,
und da sind sie wieder: deine Lippen.

Das Schweigen von Leonard Cohen
("And you know that she will trust you
For you've touched her perfect body")
hängt noch im Raum, und Zwielicht,
das durch lila Jalousien fällt,
sie werden heute unten bleiben.
Darunter die Scheiben, noch immer
beschlagen von unserem Atem,
und draußen vor dem Balkon
taumeln ein paar Flocken durch die Luft.
Was mach ich hier ohne dich?

Da liegt noch eine Luftmatratze,
die letzte Nacht niemand benutzt hat,
und die zwei Teile eines Pyjamas,
blau, mit kaminrotem Kragen,
und da ist auch deine CD mit
dem selbst gemalten Efeucover,
daneben ein zerknautschter Zettel,
auf dem steht: "Dunstabzugshaube",
"Zitsch" und "Mitleidsfick".

Und dann das Bett, zerwühlt,
ganz brach jetzt und verlassen,
ich wickle und ich spinne mich
schläfrig in das Laken ein,
als wäre es eine Art Kokon,
und da ist er noch: dein Duft,
der mir durch alle Sinne geht.

Wo bist du jetzt? Was machst du grad?
Wer teilt Raum und Zeit mit dir?
Wer singt jetzt "Hey Jude" für mich,
("Remember to let her into your heart,
Then you can start to make it better")
und liest mit mir aus "Fup"?
Und wie weit würde jetzt die Nadel
des Gedankenmessers ausschlagen?

Leer ist die Wohnung jetzt, doch
schöner eingerichtet war sie nie,
die Nacht hat Spuren hinterlassen
und alle führen mich zu dir.
 

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