André Ehrl-König

Martin Walser: Tod eines Kritikers. Roman

"Immer wird er, wenn er die Leute zum Lachen gebracht hat, so ernst, als wolle er den Leuten nachträglich noch ihr Lachen vorwerfen. So auch diesmal. Vibrierend vor Ernst fuhr er fort: Er sei ja, das könne Martha nicht wissen, mit Hans Lach befereundet, er schätze ihn als einen außerordentelich begabten Schschscheriftstellerrr, in der keleinen und keleinsten Form gelinge ihm gelegentlich durchaus Gutes, manchmal sogar Vorzügeliches, aber im Roman: eine Enttäuschung nach der anderen. Er kann alles mögliche, unser Hans Lach, aber das, was er offenbar am liebsten tut, am ausdauerndsten tut, erzählen, das kann er nicht, das kann er ums Verrecken nicht. Und das einem Fereund zu sagen, liebe Martha, das tut weh. Aber der Keritiker hat, wenn er Keretiker ist, weder Fereund noch Feind. Seine Sache ist, solange er urteilt, die deutsche Literatür. Wenn er, Ehrl-König, ein paar Tage hintereinander deutsche Gegenwartsliteratür lesen müsse, beneide er die Leute von der Müllabfuhr. Wie elegant schwingen die die Kübel voll des übelen Zeugs hinauf zum Schelucker, schwupps, und weg ist das Zeug, der Kübel wieder leicht und leer, aber wie lange habe er, der Keriktiker, zu würgen und zu gacksen, bis er so einen deutschen Gegenwartsroman dort habe, wo er hingehört: in den Müll." (Martin Walser: Tod eines Kritikers, S. 40f.) 

Mirko Schneider: Rund um die Literatur
Eine Rezension des Romans Tod eines Kritikers